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FOETUS !

unbekannter Autor
FOETUS UNDER GLASS
YOU'VE GOT FOETUS ON YOUR BREATH
FOETUS IN YOUR BED
PHILLIP AND HIS FOETUS VIBRATIONS
FOETUS OVER FRISCO
FOETUS ON THE BEACH
SCRAPPING FOETUS OFF THE WHEEL
FOETUS ART TERRORISM
FOETUS ÜBER FRISCO
THE FOETUS OF EXCELLENCE
THE FOETUS ALL-NUDE REVUE
FOETUS ERUPTUS
FOETUS INTERRUPTUS
FOETUS CORRUPTUS
FOETUS IN EXCELSIS CORRUPTUS DELUXE
FOETUS INC.

Der Musikermensch:
Ein Multi-Ego, ein Splitter-Ich, ein Projektionist (oft genug nur mit sich/ bei sich, ein einsamer Foetus, abgetrieben in die Welt, letztlich: d-i-e Weltstadt- von Australien gen NYC-; manche Aliase aber auch Bandoutfits, wilde Gehilfenhaufen zur Live-Haftigkeit des Daseins auf Bühnen der Welt/ der Weltbühne), ein Maskenwechsler- alle Masken mit gleich grimmig entschlossenem Wahn im Ausdruck, hämisches Grinsen wahlweise, hysterisches Lachen genauso, verzweifeltes Geheul sowieso, auch Tränensalz trocken augengewinkelt..., kontaminierte Expressionen, drogengeschwängert wie extremistisch lustverzerrt.
Andere Inkarnationen (Ausgeburtsentwürfe mit Wahlgeschwistern oft...): Clint Ruin, Steroid Maximus. Kombinatorik: Wiseblood (mit Roli Mosimann, Ex-Swans), Clint Ruin mit: Lydia Lunch ( auch: + Foetus Symphony Orchestra) / Marc Almond (auch als: The Flesh Volcano), The Garage Monsters (mit: The Pizz and Buttstain)..., sonst noch unzählige Mittäterschaften von Coil bis Cop Shoot Cop, Remixer- und Produzententum zudem zuhauf.

Foetus ? JIM G. THIRLWELL ! Tusch !

Die musikalischen "SUPERCALAFRAGALISTICSADOMASOCHISM"- Mittel:
No Wave bzw. Industrial- Roots mit Dabeigewesenberechtigung verarbeitet, auch im Sinne aber von ungewollter Vorbereitung eines später reichlich intensiv abgeernteten Popmarkt- Feldes gleicher Namensgebung, das sich beliebig der Rockistik bediente, Krach also in vielseitiger Transformationsgestalt.../ Elektrik der (Post-)Moderne, der Sampler als ein langjähriger Freund, das Studio als omnipotentes Arbeitslabor..., Zitatsfetzen also, bösartig verdichtete Mythenanrisse oft: Rrrrrock und Jazz und Barmusikleichtigkeit, die Kunst des kompakten Geräuschs und die Kunst des komplexen Rauschs, die aussterbende Kunst des Songschreibens dazu.../ die manische Ausdrucksvielfalt der eigenen Stimme nicht zuletzt, die rauchige Gurgligkeit, das zerfetzt überdehnte Lautgemenge, der fürchterliche Schrei, das sexy Fauchen, pointierte Silbenspeien, untergründige Flüstern, Gewimmer, Gejaul, Gekeif, Gekreisch, Gestöhn, Geächz, Gesang.../ dazu live großartig galore: Grimasse plus Gestikuliergehabe, genialisch in Pose.

Bleiben wir beim G-: Germanistik.
Die Wortwahl für Tracks in deutscher Betitelung gibt Hinweise viel (-leicht), nicht zuletzt auch auf die scheinbare Gebrauchsfähigkeit germanischer Sprache für, nun, sagen wir: Abseitiges, in Jeglichkeit wie Erdenklichkeit:
„Himmelfahrtstransport“ / „Verklemmt“ / „ Arschficken“.
Zumindest in Außenper(versions)spektive und: vielleicht. Hat nicht auch Michael Gira (Swans), langjähriger Foetus- Weggefährte, seine Deutsch-Affinität?!
Historisch beschwerter Sprachwortschatz der zerstörerischen Romantik...?

G-Dreht: romantische Zerstörung.
Eben nicht umsonst: Clint RUIN. Ruinöses LEIDENschaffen, aus Leiden erschaffen, Lust erleiden, Lust an der Zerstörung, auch Selbst-, Verstörung, ein Er-Störer, ein Störer-Er, Störenunfried.
Rasende Wut, walzender Unbill, genüßliche Andersartigkeit, exponiert ausgestellt: sehet, ICH & ihr!
Lust (jaaaaa, jeglich harter Spiel/Ernst-Art), Tod, Verfall, Gott/ Satan, die große und die kleine Welt, der große und der kleine Arsch, die große und die kleine Scheiße, das ganze morbide Universum in seiner Großartigkeit und Banalität, alles in einem dröhnendem Vibrato in der rauhen Kehle, in einem Rotz und einem geballten Samplesprengsatz. Zumindest in irgendeiner Ahnung, irgendmeiner, nicht immer derartig relevant, auf jeden Fall. Man muß die Dinge schon an sich ran, durch sich, in sich, über sich lassen, ergehen lassen, sich durchdrehen lassen, sich mit durch-, mitdrehen, eigene Umlaufbahnen und gravitätische Abstandsszenarien, bis zum eigenen Universum. Jawolllll! Uni-Ich. Im Urschleim, langsam sich die Nabelschnur um den Hals windend.
Aber übertreiben wir nicht... (zu romantisch, in aller Begriffsverkennung/verwirrung zudem).
Jedoch: hört mal „Deathrape 2000“ (Wiseblood), „Bedrock“ und „Diabolus in musica“ (Foetus All Nude Revue) sowie „Someone Drowned in my Pool“ (Wiseblood) hintereinander..., DAS ist beängstigend ergreifend (und umgekehrt)! Allein die Titelgebungen reichen da eigentlich assoziativ... fast zumindest.
Nur zum Beispiel. Hört nach der Gesamtdiskografie aus, die Sache ist komplex, in jedem Details lohnenswert! Und hört: 1.„Flow“- das aktuelle Album & 2. „Blow“- das noch aktuellere Remixalbum!

1. hat (wie immer) Rock/Jazz/Post-Industrial/Beat´n´Geräusch in geschleuderter Teilchen- Melange, Pathos nicht minder, ein glühender Fluß, der gern über die Ufer tritt und teils übel riechend aus dem Gulli steigt, mal ein Höllenfluß mit groovy Wellenschlägen gar, mal zäher Ausfluß vielleicht auch nur spät(wie spät ist es, bitte?)kapitalistischer Kulturindustrialität, in dem der Foetus sich wiegt, kräftig absorbierend. Panta Rhei. All instruments (mit minimaler Ausnahme) by JG Thirlwell. Natürlich. Der sich wohl nach divers existentieller Krise gefunden, wieder erfunden zu haben scheint, wozu wohl leider auch die Ablegung der Aliaskette gehört. Gesundet?
Hörbar genesen? Hmm.
Wie krank muß man sein, um gesund zu sein? Welche Werte sind diese Worte? Wie klingt das in diesem Zusammenhang? „Flow“ klingt auf jeden Fall nach kreativer Energie, aus welchem Impetus, welcher Quelle heraus auch immer, und Sattheit, allseitige Zufriedenheit, Befriedung gar wird man hier wohl auch nicht finden.

2. hat allerlei Prominenz gespickt, die zwischen gnädiger Reminiszenz und gnadenlosem Materialzerarbeiten sich abmüht, dem Foetus´schen Soundspektrum noch einige Nuancen spendend. Zwischen Großbeatgeschoß, Drum´n´Bass-Wahnwitz, dunkel dubbistisch und andersartig verwüsteter Klanglandschaft, (schön) stupider Stampfeinheit und subtiler Soundcineastik, usw., manches geht einher und ineinander, manches ist nur hilflose Klammer und Beschreibungsfaulheit. & manchmal rettet auch nur Foetus´ Organ den Sinnzusammenhang.
DJ Food, Amon Tobin, Franz Treichler (Young Gods), Panacea, Pan Sonic, Kid 606, Ursula 1000... usw., und auch J.G.Thirlwell ordnet sich selbst noch einmal um.

Ansonsten grundsätzlich empfohlen zur Erkundung von Foetus´ Welt, auch in erweiterter ästhetischer Hinsicht (Coverartwork! Das Selbst in Style!): www.foetus.org

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