Die Dresdener „Freunde der italienischen Oper“, das waren Provokation und Stil, Militanz und Theatralik, Verwirrung und großer „ heldischer“ Wave Rock mit Härte und Gespür für das Besondere, Obskure, Martialische Morbide. Absichtlich gestreute Spuren in die Irre und mit großer Geste dahingeschleudertes Pathos, jede Fixierung vermeidend, über den Dingen eine Eigengestalt in Selbstformung anstrebend. Sie konfrontierten das Publikum mit straffer Eleganz in der Haltung, streng frisiert in klassischer Mode, inklusive auch die unvermeidlichen roten Hemden mit schmalen schwarzen Schlipsen, sie projizierten im Vorfeld der ersten Wahlen gewagte Bildfindungen im Zusammenschnitt aus Politik- und Pornobildern, entwickelten eine über die Zeit spezifische Ikonografie auf Plakaten und Covern zwischen hartem Beckmann´schem Expressionismus und diversen Comic- Stilen. Die bandeigene und in Interviews gerne herausgestellte Arroganz war sprichwörtlich und absolut, das Auftreten souverän und geradezu gefährlich faszinierend. Der Höhepunkt des Besonderen war wohl ihre mitwirkende Teilnahme an der „Faust“- Inszenierung am Dresdener Schauspielhaus mit Sänger R.J.K.K. Hänsch als Euphorion, bis heute einsamer Besucherrekord - und wohl auch der Zusammenhang, in den sie am besten einzupassen waren, dem sie entsprachen. Viel Glück hatte die Band ansonsten nicht, die Aufnahmen zur ersten LP verschwanden (angeblich) nach einem Einbruch ins Studio, die "zweite" LP wurde bei einem westdeutschen Kleinstlabel aufgenommen, erschien in einer limitierten Vinylauflage von 2500 und konnte in der Produktion dem Niveau der Band keine Entsprechung sein, zu wenig Raum hatte die markerschütternde, jede Faser packende, schneidende Stimme von R.J.K.K. Hänsch - die man zuletzt auf dem ersten Tape der Leipziger Think About Mutation hören durfte, danach kaufte er sich ein paar Pferde... und heute soll er passenderweise ein Country- Projekt betreiben-, nicht genug Kraft hatte der Sound der Band, der zwischen großen Popsongs und kratzigen Energiebatzen schwanken konnte, immer etwas aufgeblasen, gern zusätzlich dekoriert (Bläser, Klavierparts, Streicher), zuweilen gar kantig, massiv, überdramatisch. Ein Hauch Laibach in der eisigen Luft, partielle Dark Wave- Anflüge mit angehender elektronischer Note, gelegentlicher Rockabilly- Touch, genauso aber Melancholie und Zartheit in grandiosen Songs. Das hätte ein unikaler Beitrag zur gesamtdeutschen Szenerie sein können/ sollen/ müssen, Kontakte zu What´s So Funny About waren bereits hergestellt, aber dann kam unglücklicherweise die Auflösung. Ungerecht ist die Welt und der Beitrag Ostdeutschlands kam später, genauso pathosgeladen, aber weitaus billiger und kalkulierter, eindeutiger: Rammstein. What´s So Funny About hat nun vor einer Weile - die wir aber getrost vernachlässigen dürfen, da es hier um Zeitlosigkeit geht - zusammen mit den FDIO- Nachlaßverwaltern von Strandard 63 eine Doppel- CD- Box herausgegeben, auf der jene erwähnte zweite LP „Um Thron und Liebe“ auf der einen sowie unter „Stille Einfalt, Edle Größe“ gebündelte ältere Tracks und Demoaufnahmen zur dritten LP auf der anderen enthalten sind, die auch in ihrer partiell schlechten Qualität aufzeigen, das der Welt einiges entgangen ist, vor allem auch einige Stücke von kontroverser Stumpfheit und unfunky Elektronik mit deutschen Texten, die durchaus als Antizipierung von Rammstein´schen Versuchen angesehen werden könnten - aber das ist halt nur eine Note. Das Gesamtwerk ist dies noch lange nicht, für Sammler empfehlen sich da durchaus noch die erste Kassette „Mutmaßliche Terroristen in Haft... Gott schütze den Innenminister“ und die Compilation „Il Grande Silenzio“, beide beim Rostocker Trash Tape Label erschienen, da findet sich u.a. auch eine schön durchgeknallte Version von Boney M´s „Daddy Kool“ ,...neben „unechten“ Ansätzen (s.u.).
Aber soweit muß es auch nicht unbedingt treiben in der Kollektionswut- die Box ist durchaus ausreichend und als solche empfohlen.
What´s So Funny About/ Indigo oder Strandard 63 Tel/Fax 0351/ 4901794 (dort auch weitere „Devotionalien“)
O-Ton:
Frage: Nehmt Ihr Kritik von Kritikern an?
Dr.H.G (Pressesprecher/ Plakatdesigner): Nein, nicht einmal wenn sie berechtigt ist. Das gute an den Kritikern ist, das sie einmal unsere schlechten Lieder für unecht erklären werden.