Roots
Wer so einem Künstlernamen hat, muß sich genauso nach Vergangenheit befragen lassen wie mit leichtfertigen Projektionen leben, die darauf abzielen, ihn ins bequeme Reggaeklischee zu pressen. Wohin er ja nun wirklich nicht gehört. Also Aufklärung: Das Rootsman ist nicht programmatisch, sondern, wie so oft, zufälliges Beiwerk, daß nicht mehr abzustreifen ist- und dann natürlich so zufällig auch wieder nicht. In den Achtzigern arbeitete er in einem Reggae-Plattenladen mit dem schönen Namen Roots und war deshalb eben: der Rootsman. Insofern verweist es dann doch auf die Wurzeln, auf die Quelle, aus der sich die Rootsman- Werke zu einem Teil noch immer schöpfen, auf Dub (-Reggae); oder vielleicht besser noch auf Reggae, aus dem sich Dub als Struktur und Arbeitsweise in gewisser Weise verselbständigt hat, natürlich ohne jemals die Brücke abbrechen zu können oder wollen. Das es auch da noch ein Davor gibt, ist zwar nur anekdotisch- kurioses Beiwerk, soll aber trotzdem Erwähnung finden, weil es aufzeigt, daß Rootsman musikalische Vorbildung besaß, bevor er über die übliche Station des Sound System- Betreibers zum Produzenten wurde. Jedenfalls spielte er während der Schulzeit in einer Punkband, die es immerhin zu einen Supportgig der Angelic Upstarts in Edinburgh brachte. Erzählt´s lachend und schiebt, fast entschuldigend, sofort hinterher, daß damit schnell Schluß war und er sowas nie wieder tun wollte...
Über linguale Umwege schließlich wird ihm der Name auch gerechter, mit der französischen Übersetzung kann er besonders gut leben, denn da bedeutet Rootsman übertragen soviel wie „Man of Earth“. Und als solcher möchte er auch gesehen werden. Globalverständnis: geerdete Bezüge zu irdischem Dasein in kultureller Vielfalt, die es offenzulegen, einzubeziehen, zu verarbeiten gilt... und dabei zugleich einer spirituellen Transzendenz verpflichtet. Aber dazu später...
Hangeln wir uns an den Wurzeln ins Jetzt. Stichwort Sound System: als DJ gehörte er zur ersten Garde der neuen Generation, die da Ende der Achtziger aufbrach, den Dub zu revolutionieren, ihn digital weiterzutreiben, neue technische Möglichkeiten nutzend, getragen vielleicht auch von der allgemeinen Welle an Tanzkultur, die Ende des letzten Jahrzehnts die Insel erfaßte. Die diesbezüglich legendären „Dub Me Crazy“- Nächte waren da ein Forum, der „Soundclash“- Club in Leeds ein anderes, dort ergaben sich Zusammenarbeiten und befruchtende Begegnungen (im Clash...), hier wurde ein Stellenwert schwer erarbeitet, der sich bald in erhöhter Nachfrage an Dubplates niederschlug, was dann konsequent zum Entschluß führte, die ersten Produktionen auf einem eigenen Label zu veröffentlichen, das man ebenfalls Soundclash nannte. Ein solcher war es dann auch ´88/´89, der für die großen Vorarbeiter, deren Fäden man aufknüpfte und ins eigene Soundbild webte, signifikant werden ließ, daß da eine neue Welle durch die Bassmembranen brach. The mighty Jah Shaka, der Dub King of Zulu Tribe, jener Halbgott des britischen Sound System Dub, der die Achtziger klar beherrschte und Grundlagen legte in der Art der minimalistischen Dubbehandlung (klare Drummachinesounds in steppenden 4/4teln , subsonische Bassbeben, Sirenengeheul...), mußte jedenfalls brutal erfahren, das die Dominanz gefährdet war und neue Sound System Crews auf der Überholspur ansetzten. Im Soundclash in Leeds mit den Iration Steppas, zu deren ursprünglichen Gründern und damaligen Mitgliedern Rootsman zählte, wurde er mit den eigenen Waffen geschlagen. Rootsman- Erinnerung, nicht völlig ohne Süffisanz:
„Wir hatten die ganzen Tage zuvor neue Dubplates geschnitten und uns alle aktuellen Titel von Shaka besorgt. Die spielten wir dann einfach, bevor er sie spielen konnte, all seine Hits zu der Zeit, und setzten dann, den Sound hochfahrend, mit den eigenen Sachen nach. Shaka war so unglaublich sauer... Da wußte er, daß da eine neue Generation war, die auch mit Drummachines usw, umgehen konnte, einen eigenen Sound hatte. Shaka hat danach nie wieder einen Soundclash gespielt.“
Um hier keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Shaka hat allen Respekt, nach wie vor, aber die Zeiten, in denen die Disciples eben solche waren, nämlich Schüler (den Namen hat Shaka im übrigen den Vorzeige- Neo Dubbisten selbst verpaßt... zu jenen Zeit vielleicht noch zu Recht), die waren vorbei. Weiterentwicklung war angesagt. Denn progressiver Dub duldet keinen Stillstand, will auch Experiment innerhalb der relativ offenen Struktur (drums and a lot of bass and effects, im wesentlichen... ohne genau zu sein).
Sound
Bereits mit den ersten beiden Veröffentlichungen, der epochalen „Koyaanisqatsi EP“ und der „Soundclash City Rockers EP“, machte Rootsman klar, daß er nicht gewillt war, sich stilistisch eingrenzen zu lassen. Erstere wurde zu einer Art „Crossover Hit“, ist längst vergriffenes und unter vinylorientierten Hunters & Collectors hoch gehandeltes Objekt der Begierde und in ihrem Sound für die damalige Zeit einmalig. Eine dichte, tief vor sich hin wogende Mollstimmung auf apokalyptisch daherziehenden Basswolken, Gänsehautstoff, der sich natürlich des Philip Glass- Soundtracks zu dem gleichnamigen Film von Godfrey Reggio bedient. Roh und doch zwingend zugreifend, adäquate Dubentsprechung zu den beklemmenden Bildern: der Mißbrauch der Erde- das geht natürlich den „Man of Earth“ etwas an! „Soundclash City Rockers“ (der Name spielt mit einem frühen Titel der Clash...) war nicht nur ein wundervoller steppender Dubtrack mit verrücktem Fuzzy Jones- Sample, leicht überdreht und ein wenig gimmickhaft, die EP überzeugte auch, weil sie mit zwei Remixen (Black Star Liner und Chris Madden) aufwartetete, die den Kosmos aufweiteten und über die herkömmliche Dubwelt hinauswiesen. Involvierung ist der Schlüssel, die weite Welt der groovenden Elektronik nebenan (der die Methode Dub- ohne es wissen zu müssen- grundlegend inhärentes Merkmal ist, methodische Selbstverständlichkeit). Die Praxis der Remixe sollte ihn begleiten, alle seine folgenden Alben wurden mit hervorragenden Remixalben bedacht, das offene Angebot zum Neuordnen der Elemente und Befruchten durch andere Sicht/Hör/Spielweisen ist genauso Bewegungsbasis wie der Wille zur Zusammenarbeit mit scheinbar noch so unterschiedlichen Künstlern.
Für die angedeuteten Eigenheiten erntete er dann auch nicht nur Beifall:
„Als ich „Koyaanisqatsi“ veröffentlichte, haben manche zu mir gesagt, daß ich sowas nicht machen kann, solche Sounds nicht in Dub gehören. Das ist so engstirnig. Sie wollen sich einfach nicht entwickeln, dabei gibt es so viele interessante Sounds, soviel neue Technik, die man benutzen kann. Deshalb ist die ganze Szene auch runtergegangen, obwohl es so gut anfing, zu Beginn des Jahrzehnts.“
Ein kleiner Geschmack des Rootsman eigenen (GB-) Dubkultur- Pessimismus, die harsche Kritik, die er an der (ehemals?) eigenen Szene von innen heraus übt. In der er- bei all meiner Liebe zum Genre-, leider zu einem großen Teil auch recht hat.
Soundclash als Club und Label segneten inzwischen das Zeitliche, Rootsman agierte nunmehr von Bradford aus mit dem eigenen Label Third Eye Records, wo 1994 als Laufnummer 1 „Storm Clouds“ erschien, eine LP- Kollaboration zwischen den von Rootsman nach wie vor geschätzten Disciples und seiner Frau Dayjah, einer Rootssängerin mit sehr weich fließender Stimme. Ein Ehepaar in Dub. Das auch live als Sound System zusammen in Erscheinung tritt, so sich Dayjah überreden läßt zum Auftritt- eigentlich gefällt ihr das Agieren auf der Bühne gar nicht, Studioarbeit sei das, was ihr eigentlich Spaß mache. Aber einer gewissen, auf Repräsentation und authentisches Dabeisein anhebenden Erwartungshaltung muß dann wohl doch entgegengekommen werden- und es wäre schließlich auch schade drum!
Der eigene Sound entwickelte sich über mehrere Maxis und nunmehr drei eigene LPs sowie zwei in Kooperation, die „Rebirth“- LP zusammen mit den Disciples und die kürzlich erschienene „Union of Souls“ mit der Band Celtarabia (plus drei Remixalben, eigentlich vier, zählt man die Muslimgauze- Mixe auf „City of Djinn“ mit), vom noch stark keyboardlastigen Minimalismus der Frühwerke, der auch zu einer gewissen angenehmen Klebrigkeit mit sentimental daherschwingender Stimmung neigen konnte, zu einer erlesen geschichteten Angelegenheit auf der Grundlage fetter Beats und voluminös rollender Bässe, auf schweren bis wuchtigen Riddims (je nach Orientierung zum Listening oder zum Dancefloor hin), die sich die schlagkräftigen Mittel auch bei Jungle oder Techno holen, um sie in die Dubwelt zu schrauben, genauso wie abgedrehte Raggabeats oder Industrialversatzstücke (ein Track basiert gar auf bzw. startet mit einem Einstürzende Neubauten- Loop aus „Yü Gung“!). Grenzgängertum hemmungslos. Aber das ist nur eine stilistische Seite, die andere, vielleicht noch prägendere, liegt sowohl in der Nachbarschaft als auch in der weiten Welt.
Spirit
Bradford ist eine Stadt mit überdurchschnittlich vielen pakistanischen und indischen Einwanderern, der Sound des fernen Orients und des indischen Subkontinents liegt nebenan (das wundervolle Essen natürlich auch...) und hier liegen neben der im Rootsman- Universum noch bedeutend mehr präsenteren arabischen Kultur die anderen spirituellen Wurzeln und gern benutzten Klangquellen. Okzident meets Orient in Dub, vor allem auf den frühen Werken greift diese Formel, die Rootsman in eine Reihe stellt mit sich gleichfalls dieser spannenden Kombination widmenden Künstlern wie Bill Laswell (u.a. auf „Sacred System: Chapter One/ Two“ ), einigen Künstlern der Crooklyner Wordsound Posse bzw. des Barraka Foundation Labels oder noch viel naheliegender, jenen sich umgekehrt, nämlich von Marokko mit schweizerischer Unterstützung in die Elektronik- Moderne bewegenden Artisten von Barraka el Farnatshi (die wiederum auch mit Laswell arbeiteten..., kleine eine Welt). Und, wie sollte es anders sein, natürlich ist Rootsman mit Leuten von Aisha Kandisha´s Jarring Effects befreundet und arbeitete bereits mit ihnen in Marrakesch bzw. erholte sich in ihrem Haus von Europa.
Die islamische Welt bildet nicht von ungefähr eines der wichtigsten Bewegungs- und Inspirationsfelder, John Bolloten ist Muslim. Was erstmal nicht weiter zu hinterfragen ist. Das es bei Rootsman um Transzendenz, um Spiritualität geht, um eine darin aufgehobene positive Botschaft, verrät wohl schon der Labelname, diverse Samples tun ihr aufklärend/ verweisend Übriges dazu. Aber es erreicht nie jene überbordende Aufdringlichkeit, die manche Reggaeplatten kennzeichnet und einen mit einfach gestricktem Folklore- und Religionskitsch erschlägt (den oftmals allzu leichtfertig hergestellten Afrika- Bezug auf vielen englischen Produktionen kritisierte er übrigens auch scharf....“Als Brite ständig Afrika auf´s Cover zu nehmen, ist sinnlos und langweilig.“- Da sei in Bezug auf religiöse Symbolik dann auch der islamische Ikonoklasmus vor).
Letztlich geht ihm es um Gemeinsamkeiten, das Teilen von Erfahrungen, von Stimmungen, das Zusammenfinden, auch um Ziele, die wohl viele Religionen teilen (Abzielen auf Erlösung z.B.)... In den Klanggebilden Rootsmans finden sich dann genauso Zitate aus der ganzen anderen Welt, bildlich symbolhafte wie eben musikalische: indische Tablas wie nordafrikanische Trommeln, mittelalterlicher Folk von Spanien bis Osteuropa, Blues oder gar Punkreste (urbane Folklore?)... und man ist dahingehend immer auf der Suche nach neuen Quellen (ich habe ihm da noch Material von ungarischen Roma versprochen).
Wohin nun die Musik in ihrer geistig unterfederten Hintergründigkeit den unterschiedlichst konsumierenden Einzelnen bewußtseinsmäßig führt, sei dahingestellt, ich will mich ja hier nicht in esoterisch verquasten Andeutungen verlieren, welche die Dimension des Themas weit verfehlen dürften. Das Dub eine Affinität zu Spiritualität zu eigen ist, die nicht nur in der ursprünglichen Verwurzelung in Reggae/ Rastafarianismus liegt, sondern vielleicht auch im Sound, wäre eine dahingehende Behauptung- Jah Wobble sprach da z.B. von der Wirkung der Leere zwischen den Klängen, jener aufsaugenden räumlichen Tiefe, in die man gezogen wird, die für ihn eine Entsprechung des buddhistischen Begriffes der Leere, des Alles/Nichts sei...- Lassen wir das lieber. Gefährliche Zone. The third eye jedenfalls is watching you...
Fruitful Clashs (Pt. 2)
Über die Zusammenarbeiten und Remixe ließe sich viel verlieren. Ersteres wurde ja bereits angedeutet. Während es bei den Disciples im klassischen Neo Dub bleibt, heavy Riddims mit vielen Reggaesamples und obligatorischen Köstlichkeiten in den Effekten, geht es beim Album mit Celtarabia auf eine neue Stufe der Einbeziehung, auf der Basis von Dub natürlich. Schließlich ist Celtarabia eine zweiköpfige Band, die sich vor allem mit mittelalterlicher Folklore, deren europaweit verschiedenen Strukturen und Instrumentarien auseinandersetzt... aber so weit entfernt liegen die Dinge dann ja doch nicht, speist sich doch z.B. die Hofmusik des Mittelalter und der frühen Renaissance auch aus Musik des Orient, damals z.T. kulturell forgeschrittenere Orientierung (weshalb man ihn dann wohl auch so gerne besuchte, gut gerüstet...). Was dabei vor allem zählt, ist die Haltung einer Tradition gegenüber, der ein Überleben in zeitgenössischer Gestalt garantiert wird. Nicht zuletzt: ein wunderschönes Album.
Mit herkömmlichen Reggaemusikern will aber kaum noch arbeiten: „es sei denn, mit jamaikanischen Sängern.“ Überhaupt: „Jamaikaner sind viel offener Experimenten gegenüber, sie waren es schon immer. Sly Dunbar z.B hat schon vor Zeiten indische Drums eingebaut und nannte dies Banghra Reggae... Ich empfinde es gegenwärtig auch als eine phantastische Zeit für Reggae, die Sachen sind wieder sehr gut geworden, Einiges aus dem Ragga ist so verrückt, das ist unglaublich.“
Und so finden sich im Sound System- Set auch vielerlei aktuelle Dancehalltracks, durchgeknallte B- Seiten und eigene Versions davon sowie coole Specials. Der Bezug zur Quelle, zum Urprungsland funktioniert noch immer.
Die Remixe führen dann fast zur thematischen Rahmensprengung innerhalb dieses Artikels. Ein Anriß nur:
Es liegt in der Natur der Sache, daß Rootsman sich nicht nur remixen läßt, sondern genauso in die andere Richtung aktiv ist. The Woodshed, Blue, Dub Syndicate oder Black Star Liner sind hierin noch naheliegende Werte, etwas weiter entfernt sind da schon die französischen Dub- Metaller von Treponem Pal oder gar das neue Projekt von Max Cavaleras, dem Ex- Sepultura- Sänger- aber deren letztes Album hieß ja schließlich auch „Roots“! Sollte man auf jeden Fall gehört haben, futuristischer Grind Ragga Dub (auf Roadrunner)! Das außerdem auf jeder bei Third Eye erscheinenden Maxi ein Rootsman- Mix drauf ist, versteht sich von selbst.
Das Spektrum der Rootsman- Remixer auf der anderen Seite reicht von El Jethoor, Mitglied der ebenfalls bei Third Eye veröffentlichten Pachakuti (Rootsman- verwandte Sounds mit leichtem Ambientappeal, schwere Ruhe im Fluß und gleichzeitige rhythmische Bewegung um viel Perkussion herum, Marokkosounds in Reichweite/ aus dem Ich...) oder Strongpoint (Third Eye, Drum´n´Bass bis zu Speed Garage[sic!]) über Nigel Parker und Techno Animal bis zu Zion Train , Primitive (Sideproject vom Treponem Pal-Sänger), Vibe oder den deutschen Irie Hifi und Grounation. Letztere brachten es ja sogar zu einer Maxi auf Third Eye, der in Houseverwandtschaft steppende Feger „King of Dub“, das Projekt positioniert sich im Kern der vornehmlich Frankfurter (/Main natürlich) Posse von Serious Dropout, zu denen Rootsman lockere Beziehungen geknüpft hat- und deren Produkte er durchaus wertschätzt, gerade weil sie sich aus einem anderen Bezug auf Dub zu bewegt haben. Manche ihrer Tracks hält er gar für interessanter als viele britische Produktionen. Mit den ebenfalls dort angesiedelten Aural Float (übrigens auch verantwortlich zeichnend für die Soundtracks zur Space Night auf Bayern 3) produziert er sogar schon eine Weile an einem Album im Third Eye Studio... vielleicht ist es ja auch schon fertig und liegt auf Halde/ Eis (dubhousiger Vorgeschmack auf „Serious Dropout. Step Three“). Wir werden hoffentlich bald sehen und hören. Wenn wir dann schon bei Heimatland & Dub sind- Rhythm & Sound sind ihm dann doch zu minimalistisch: „Mir fehlt da was, es ist wie eine solide Basis, aber es wird nichts aufgebaut, ein Haus ohne Dach“. Hier deuten sich dann vielleicht die Grenzen des Rootsman´schen Dub an... am Ende ist´s aber auch nur eine auf dieses Objekt gelenkte Frage des Geschmacks.
Die radikalste Bearbeitung, Dekonstruktion bis zur Unkenntlichkeit in unkonventionellster und rücksichtlosester Weise hat aber Muslimgauze geleistet mit dem Album „City of Djinn“. Da wird zerfetzt und in kurzvisionäre Miniatur gepreßt, umgestülpt und verdreht, nur noch Andeutungen gelten lassend, die in den düsteren Muslimgauze´schen Horizonten auf seltsamen, aber durchaus coolen Beats erscheinen. Das er es hier mit einem kontroversen Künstler zu tun hat, ist Rootsman durchaus bewußt- Muslimgauze neigt, an sich kein Muslim, zur propagandistischen Unterstützung der radikalen islamischen Kräfte im nahen Osten-, und er ist schließlich absolut kein Freund des Aufrufs zu Hass und Gewalt (sehr wohl natürlich besorgt/ verärgert über die Lage in Nahost). Das Album ist so zwar in der üblichen, von Staalplaat her bekannnten Muslimgauze- Ästhetik, aber relativ frei von konfrontierender Offensichtlichkeit in jener Hinsicht gehalten (mit Abstrichen beim Innencover...). Gereizt hat da wohl vor allem die ungewöhnliche Arbeitsweise von Muslimgauze, sein unerschöpflicher Ideenreichtum in Sachen eigenartiger Sound jenseits der Erwartung/ Konvention:
„Auf eine gewisse Art ist er fast ein Genius, er macht Sachen, auf die würde sonst niemand kommen. Und er ist ungewöhnlich produktiv darin. Wenn man einen Mix will, schickt er garantiert 10 völlig unterschiedliche.“
Dem entsprechend wird es wohl auch bald ein gemeinsames Album auf Third Eye geben. Ohren auf, Welt!
Was natürlich sowieso gilt, wenn auf Third Eye etwas veröffentlicht wird, sei es aus der Familie oder befreundeten Soundspektren, die in aller Unterschiedlichkeit doch zumeist verwandtschaftliche Züge tragen. Die wissenden Charakterzüge des Dub. Eines bisher tadellosen Vertrauens- Dub.
Album- Diskographie:
In Dub We Trust
International Language of Dub (Remixe)
Into The Light
Out Of The Darkness (Remixe)
Third Eye Dimensions (Echo Beach, CD-only)
Rebirth (meets Disciples)
52 Days To Timbuktu
City of Djinn (meets Muslimgauze, CD-only)
Futurapokalyptic Dub (Lush Records, CD-only)
The Union Of Souls (meets Celtarabia)
The Final Frontier (Remixe)
Weitere Third Eye- Alben:
Dayjah & The Disciples- Storm Clouds
Dayjah & The Disciples- Urban Jungle
Pachakuti- Distant Voices (CD-only)