Was 1993 als klassisches Do-it-Yourself-Fanzine in Greifswald begann, hat sich
seitdem zu einem der eigenwilligsten (Sub)-Kultur-Magazine des Landes entwickelt
– und nun mit der gerade erschienen Jubiläumsnummer zum 20. Geburtstag im Ventil
Verlag eine neue verlegerische »Heimat« gefunden – wenn auch Zonic mit »Heimat«
eher wenig am Hut hat. Zur Verortung allerdings gehört, dass sich das
Hauptquartier gen Leipzig-Connewitz verlagert hat und nun passenderweise im
ursprünglichen Gebäude der Galerie Eigen+Art liegt, in dem als Kultúrny Dom B31
der Öffentlichkeit ab und an zonic-kompatible Themen offeriert werden. Eine
gewisse geografische Gewichtung allerdings gibt es sowieso: (Randstands-)Blicke
auf die (sub)kulturellen Szenen Osteuropas beziehungsweise des ehemaligen
Ostblocks (Laibach und die Neue Slowenische Kunst, NOM, Autopsia, SPIONS,
A.E.Bizottság, Satan Panonski, Polski (Post) Punky Reggae Party …) stehen wie
bisher als präferierte Richtung in der Jubiläumsausgabe, flankiert aber auch von
Ausflügen in schwule Subkulturen oder einer liebevollen Annäherung an die
Traurigkeit der Karen Carpenter.
Wenn sich dabei quer durch den Almanach eine gewisse inhaltliche Schwere breit
macht – etwa durch Annäherungsversuche an Neofolk & Death in June, eine
feldforschende Grauzonenerkundung in Greifswald und nicht zuletzt das Thema Tod
(als aller Ziel sowie das Ziel Kommunismus als »ununterbrochene Überwindung«
dessen) –, wird sie durch eher frei schwebende Themen wie einen Blick auf
jüdische Luftmenschen, methodische Kategorisierungen von Dance Lyrics oder
anekdotisch unterfütterte Analysen des Drogenkonsums in der DDR abgefedert.
Kontroverse und oft eher selten observierte Themen und zuspitzende
Diskussionsbeiträge, das Wühlen in Widersprüchen und Aushalten von Ambivalenzen
prägen Zonic aber weiterhin, ebenso wie die Spurensuche in den kulturellen
Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Daniil Charms tanzt dabei mit der AG Geige,
Schorsch Kamerun spricht über Selbstverwirklichungsproblematiken, Valeri
Scherstjanoi und Bert Papenfuß stehen für die Kontinuität poetischer
Sprachexperimente seit dem russischen Futurismus und die Collagen von Column One
für postdadaistische Gegenkunstgrafik, sogar die subkulturelle Hirschologie wird
vorgestellt und das erste Werk einer zu entwickelnden Neuen Sorbischen Kunst.
Zonic treibt die Bastardisierung der Kultur weiter voran, was natürlich nicht
ohne Mühsal zu haben ist. Ein Blick zurück und zwei nach vorne: die lange
angekündigte Zonic-Almanach-Ausgabe 18/19 ist dabei kurzerhand Teil der
Jubiläumsnummer geworden, die nun, man kann es nicht oft genug sagen, glücklich
im Programm des Ventil Verlags gebettet ihrer LeserInnen harrt; nicht die
einzige Ventil-Zonic-Kooperation: ein nächstes Zonic-Spezial ist in der
Pipeline, das als erweiternde Fortsetzung der Erforschung des
»DDR-Magnetbanduntergrunds« eine radikal subjektive Klang-, Zeit- und Raumreise
durch die Subkulturen-Zonen aller Länder hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang
verspricht.