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Pierce Brosnan
Ein Interview

Elisabeth Nagy

„Dies ist eine kleine, sentimentale und romantische Geschichte. Sie handelt von Toleranz, ohne Gewalt und Sex darzustellen.“ Kurz der Inhalt „Des amerikanischen Neffen“: Chad verläßt nach dem Tod seiner seine Heimatstadt New York und reist auf eine kleine irische Insel. Dort erwartet ihn sein Onkel, der, seitdem Chads Mutter vor 20 Jahren verzog, alleine lebt. Tony, so heißt der Onkel, hatte sich mit seiner Schwester überworfen. Die Gründe dafür lernt der Zuschauer erst nach und nach kennen, zusammen mit Chad. Als er erfährt, daß er einen Neffen hat, ist Tony erstaunt. Als dieser auf der Insel eintrifft, trifft es ihn noch härter. Der Junge ist schwarz.
„The Nephew“ ist Eugene Bradys Erstlingsspielfilm. Der junge Regisseur hatte Glück. Talent reicht nicht unbedingt. Gewissermaßen hat Brady es dem Erfolg der letzten beiden James Bond-Streifen zu verdanken, daß die Welt wissen will, was Pierce Brosnan noch so dreht. Der Erfolg von 007 ermöglichte es Brosnan wiederum, sein Geld in unabhängige Produktionen zu stecken, die ihn auch künstlerisch interessieren. Pierce Brosnan ist sich daher auch nicht zu schade, für Promotionszwecke der Presse Rede und Antwort zu stehen. Von seiner oft als Arroganz mißdeuteten Zurückhaltung hatte ich gelesen. Seine britische Art (obwohl Brosnan Ire ist) kann er kaum verhehlen. Wenn er spricht, dann tut er das leise und mit ernsten Worten, die den Humor so wunderbar verhüllen können. Höchstens eine Augenbraue zieht er hoch, wenn ihm einmal eine Frage nicht paßt.

Zonic: Sie besuchen Berlin mit einem kleinen Film eines jungen Erstlingsregisseurs.
Pierce Brosnan: Auch für mich war dieser Film ein Neubeginn, sogar in vielen Punkten. Ich hatte vorher noch nie einen Film produziert. Endlich konnte ich etwas ganz Neues in Angriff nehmen. Allein diese Tatsache befriedigte mich ungemein. Auch kehrte ich mit diesem Film in meine Heimat Irland zurück. Wir hatten fantastische Schauspieler versammelt. Den Onkel spielte Donal McCann, er ist einer der größten irischen Darsteller seines Alters. Und da war Sinead Cusack. Ich fühlte eine große Verantwortung auf meinen Schultern. Mein Gott, wenn sie dieses Projekt unterstützen, dann muß ich einfach alles dafür tun.

Zonic: Wie kommt es, daß immer mehr Schauspieler ihre eigenen Produktionsfirmen gründen?

P. Brosnan: Ich glaube, das ist eine Frage der Macht und der Kontrolle. Ich hatte einmal einen Vertrag mit dem Columbia TriStar-Studio. Ich hatte ein eigenes Büro, sogar eine Sekretärin. Doch wenn ich einen der Produzenten mit einer Idee anging, dann tat sich da gar nichts. Sie haben mich überhaupt nicht ernst genommen. Erst nachdem „Golden Eye“ ein so großer Erfolg geworden war, änderte sich alles. Meine Partnerin, Beau Marie St. Clair, riet mir, es sei Zeit, ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen. Zusammen gründeten wir die Firma Irish Dream Time. Am Anfang meiner Karriere habe ich in vielen unabhängigen Filmen mitgespielt. Etliche davon sind nie ins Kino gekommen. Der Erfolg von James Bond hat mir eine hübsche Summe Geld eingebracht. Es war also an der Zeit, davon etwas zurückzugeben. Schließlich traf Eugene Brady Beau auf einer Party. Er wußte nicht, daß sie mit mir zusammenarbeitet. Er hatte nur gehört, daß sie nach einem Projekt sucht. Es war so einfach. Mir gefiel das Drehbuch, man mußte es noch nicht einmal mehr überarbeiten. Das nämlich nimmt immer noch sehr viel nervenaufreibende Arbeit in Anspruch. Wir haben einfach das Geld zusammengetragen und angefangen.

Zonic: Und wie ging es weiter?

P. Brosnan: Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht als Produzent gearbeitet. Das war eine ganz neue Erfahrung. Das mußte ich lernen. Da treffen sich eine Gruppe von Produzenten, planen alles haarklein, damit dann zur rechten Zeit alles am rechten Platz ist. Zum Glück hatte ich erfahrene Kollegen an meiner Seite. Wenn ich einmal wirklich nicht weiterwußte, dann konnte ich auch um Hilfe bitten. Und jetzt drehen wir sogar schon unseren zweiten Film. In New York drehen wir das Remake von „The Thomas Crown Story“. John McTiernan ist der Regisseur. Die Darsteller sind Rene Russo, Faye Dunaway und Denis Leary. Das allerdings ist eine große Produktion. Eine mutige, gefährliche Story. Zwei Jahre haben wir für die Vorbereitung gebraucht. Das Drehbuch ist klasse. Gleichzeitig drehen wir in Glasgow einen weiteren kleinen Film. Der heißt „The Match“ und ähnlich wie in „The Nephew“ habe ich eine kleine Rolle übernommen.

Zonic: Sie haben in vielen Filmen gespielt, die nicht gerade Blockbuster waren. Zu nennen wäre da „Mr. Johnson“ und „Love Affair“.

P. Brosnan: Ich finde es schade, daß ich damals, als ich „Mr. Johnson“ spielte, noch nicht das Format hatte, das ich heute habe. Ich mochte diesen Film. Bruce Beresford drehte einen wunderbaren Film, aber mehr als ein Dutzend Zuschauer hatte dieser Film wohl nicht. Mich interessieren die menschlichen Schicksale. Ich will, daß die Zuschauer sich mit der Story identifizieren können. Eine Geschichte sollte Kraft und eine Aussage haben. James Bond ist schön und gut, und ich bin gerne James Bond. Finanziell geht es mir daher prächtig. Und so habe ich die Freiheit, dieses Geld wieder in kleinere Filme zu stecken.

Zonic: Richard Attenboroughs „The Grey Owl“ wird Ihr nächster Film sein.

P. Brosnan: Die Aufnahmen sind beendet, es war fantastisch. Richard hat um diesen Film acht Jahre lang gekämpft, in den letzten drei davon stand ich an seiner Seite. Auf diesen Film bin ich stolz, es hat sich gelohnt. Er handelt von einem indianischen Konservator. Das heißt, eigentlich ist er kein Indianer, er tut nur so. In Wirklichkeit ist er ein englischer Gentleman. Wir erfahren, daß seine Eltern ihn im Stich gelassen und Tanten ihn aufgezogen haben. Er träumte davon, ein Indianer zu sein. Das ist also nicht weit von meiner eigenen Biographie entfernt. Auch mein Vater hat mich im Stich gelassen, meine Mutter gab mich zu Verwandten. Als Kind habe ich natürlich Cowboy und Indianer gespielt, und ich war immer der Indianer.

Zonic: Dürfen Sie uns etwas über „James Bond 2000“ erzählen?

P. Brosnan: Michael Apted wird der Regisseur sein. Ich darf nichts verraten, aber sie werden feststellen, daß Apted genau der Richtige für diesen Job ist. Die perfekte Wahl. Mir liegt daran, daß wir den Charakter von James Bond besser kennenlernen. Ich meine, „GoldenEye“ war klasse, meine Visitenkarte an die Welt. Wir hatten Erfolg. „Tomorrow Never Dies“ war eher ein Actionfilm von A bis Z. Das muß man nun nicht wiederholen. Ein bißchen Realismus könnte der Story nicht schaden. Im Grunde ist das Drehbuch entscheidend. Es wäre auch interessant, mal das Verhältnis zwischen James Bond und M näher zu beleuchten.

Zonic: Ich hörte, sie haben auch ein eigenes Buch, das Sie eventuell auch selbst verfilmen möchten.

P. Brosnan: Stimmt. Der Titel ist „Mr. Softley“, eine Familiengeschichte. Ich habe sie geschrieben und dann Anne Spielberg aufgesucht. Anne ist selbst eine phantastische Autorin und ihr gefiel das Buch auch. Zur Zeit ist das Script jedoch in Umlauf. MGM, United Artist, keiner kann etwas damit anfangen. Ich habe beschlossen, die Rechte zurückzukaufen. Vielleicht folgt das auf James Bond. Mir ist vollkommen klar, daß es auch ein Leben nach James Bond geben muß. Ich muß nur darauf vorbereitet sein.

Zonic: Vielen Dank für das Gespräch.

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